Sie brennen für die Feuerwehr
Papa ist beim Einsatz, Mama bleibt daheim. Die Zeiten, in denen Feuerwehren reine Männerclubs waren, sind vorbei, auch im Landkreis Kulmbach. „Bei unserem letzten Einsatz waren wir vier Frauen und ein Mann", sagt Andrea Pfadenhauer-Wagner, die selbst das beste Beispiel dafür ist, dass Frauen bei der Wehr heutzutage was zu sagen haben. Die 55-Jährige, die mit 38 als Späteinsteigerin zur Löschgruppe kam, nachdem ihre große Leidenschaft Fußball aus Altersgründen als Hobby irgendwann nicht mehr in Frage kam, ist Kommandantin der Feuerwehr Wüstenbuchau/Bechtelsreuth, Kreisbrandmeisterin für Kinderfeuerwehren sowie Fachbereichsleiterin für Brandschutzerziehung und Frauenbeauftragte des Kreisfeuerwehrverbands - um nur einige ihrer Ämter zu nennen.
Wobei letzteres aus ihrer Sicht bei uns gar nicht nötig wäre. „Die oberfränkischen Feuerwehrfrauen brauchen eigentlich gar keine Frauenbeauftragte. Wenn denen was nicht passt, dann sagen sie es sofort", meint sie mit einem Schmunzeln. Und schiebt gleich hinterher: ,,Bei uns sind die Frauen in den Wehren voll gleichberechtigt und akzeptiert." Das ist aber nicht überall so, weiß sie von ihren Jahrestreffen mit den bayerischen Frauenbeauftragten. ,,In Südbayern haben es Feuerwehrfrauen tatsächlich noch schwerer."
Dass sich weibliche Einsatzkräfte Ausbildungen und Positionen in den Wehren regelrecht erkämpfen müssen, hat auch Carolin Mähringer (43) in ihren Anfängen noch erlebt. Mit 20 Jahren kam sie zur Feuerwehr Burgkunstadt , „damals war die Führungsstruktur noch sehr männlich geprägt". Als sie die Atemschutzgeräteträger-Ausbildung machen wollte, sei ihr gesagt worden: „Du Spreißel fällst doch mit der Flasche hinten drauf um." Sie hat sich durchgesetzt, die anspruchsvolle Ausbildung geschafft und war die erste Atemschutzgeräteträgerin ihrer Truppe.
Zusammen mit ihrem Mann ist sie heute bei der Feuerwehr Marktleugast , zeichnet für die Kinderwehr verantwortlich und sitzt als Maschinist* für Löschgruppenfahrzeuge am Steuer der großen Einsatz- Lkws (*Die Feuerwehrfrauen, mit denen wir gesprochen haben, legen großen Wert darauf, dass Bezeichnungen wie etwa Maschinist und Truppmann nicht gegendert werden.).
„Es gibt keine Tätigkeiten bei der Feuerwehr, für die Frauen nicht geeignet wären", betont Kreisbrandinspektor Yves Wächter. Alles sei lediglich eine Frage der Statur und Fitness - das gelte für Männer wie Frauen gleichermaßen. Der Pressesprecher der Feuerwehren im Landkreis kennt die Zahlen und weiß, dass der Frauenanteil mit durchschnittlich 14,5 Prozent noch ausbaufähig ist. Er hofft jedoch, dass dieser Wert mit den Jahren automatisch steigen wird, wenn aus den noch recht jungen Kinderfeuerwehren die dort zahlreich vertretenen Mädchen in die Einheiten nachrücken.
Mit einer Frauenquote von 55 Prozent führt die Wehr Weißenbach/Osserich aktuell die Statistik an. Danach kommen die Wehren in Schlackenreuth (43 Prozent) und Mannsflur (40 Prozent). Circa 15 Prozent der Landkreis- Feuerwehren haben einen Frauenanteil von über 30 Prozent, genauso viele haben aber auch überhaupt keine Damen in ihren Reihen.
Das liegt nicht unbedingt an den Wehren, denn „die sind offen und gehen auf die Frauen zu", weiß Wächter. Den Verantwortlichen ist klar, dass da noch ein riesiges unausgeschöpftes Potenzial an Rettungskräften schlummert. Es sei eher das Problem, das Interesse der Frauen zu wecken. „Man sollte ein Faible für Organisation und Technik haben, man muss Zeit haben und das alles auch noch mit seinem Beruf und dem Familienleben unter einen Hut bekommen", sagt der Kreisbrandinspektor.
Wenn in der Familie alle feuerwehrbegeistert sind, ist das natürlich hilfreich. So wie bei Martina Teichert (38) aus Kupferberg. Sie startete als 15-Jährige bei der Jugendfeuerwehr Zaubach. „Ich bin eine Feuerwehrfrau durch und durch", sagt sie voller Überzeugung. Für sie war immer klar: „Mein Partner muss das akzeptieren." Zum Glück hat sie sich in einen Feuerwehrmann verliebt.
Mit ihm und ihren beiden Jungs, die ebenfalls schon in der Nachwuchs-Löschgruppe aktiv sind, bildet sie eine richtige Feuerwehrfamilie. Auch sie ist Atemschutzgeräteträgerin, ihr Mann stellvertretender Kommandant bei der Feuerwehr Kupferberg . Und wer rückt aus im Falle eines Einsatzes? „Das ist klar geregelt: nachts mein Mann und tagsüber ich", sagt sie. Tatsächlich setzt die eine oder andere Wehr inzwischen bei ihrer Tagesalarmbereitschaft auf Frauen, weil sie es meist noch sind, die zuhause sind, sagt Yves Wächter.
Wenn sich Frauen bei der Feuerwehr engagieren, haben sie meist ein entsprechendes Vorbild in der Familie. So war es auch bei Katja Tempel aus Presseck. „Mir wurde es quasi in die Wiege gelegt, denn schon mein Opa und Papa waren dabei", sagt die 31-Jährige, die Vorsitzende der Feuerwehr Markt Presseck ist. Als einziges Mädchen begann sie mit 12 bei der Jugendfeuerwehr, bei den Aktiven gab es damals gerade mal eine Frau. Tiefe Freundschaften seien durch das Ehrenamt entstanden, ,,das sind schon ganz besondere Verbindungen, man versteht sich blind".
Klischees und Vorurteile kämen manchmal von anderen Frauen. Ob es nicht dreckig sei bei der Feuerwehr, wurde Katja Tempel schon gefragt. Oder:,,Geht das überhaupt mit deinen Fingernägeln?" Bei ihrem letzten Einsatz war sie in voller Atemschutzmontur direkt am Brandherd. „Ja, das geht. Auch mit langen Fingernägeln passen die Handschuhe", sagt sie und blickt schmunzelnd auf ihre knallrot lackierten Nägel.
Dass Frauen frischen Wind in die Wehren bringen, hat Yves Wächter festgestellt. „Bei Einsätzen mit Frauen ändert sich der Gesprächston, und zwar zum Positiven", weiß er. Auch beim Umgang mit bedrückenden Erlebnissen kann das hilfreich sein. Männer und Frauen gehen unterschiedlich mit schwierigen Einsätzen um. „Frauen sprechen eher drüber", meint Carolin Mähringer.
Sie und ihre Mitstreiterinnen lieben ihre sinnstiftende Aufgabe und fühlen sich pudelwohl in ihren Löschgruppen.
Martina Teichert sagt: „Die Feuerwehr ist eine große, nette Familie".
Tesxt/Bilder: Chr. Fischer, Bayerische Rundschau