Feuerwehr rüstet sich für den Klimawandel

22. November 2023
Vegetationsbrände fordern Einsatzkräfte immer mehr. Das wird sich, sagen Fachleute, wohl noch zuspitzen.  Feuerwehren, aber auch Landwirte und die Waldbesitzer sind  ebenso gefordert wie neue Strategien.

Es hat in den vergangenen Sommern Wochen gegeben, in denen kein Tag ohne Feueralarm vergangen ist. Felder und Wälder standen in Flammen. Zuweilen war es reines Glück, dass es gerade noch rechtzeitig gelungen war, die Flammen zu ersticken, bevor sie sich unkontrolliert ausbreiten konnten. Den Feuerwehren im ganzen Land ist klar, dass sie sich rüsten müssen für sich ändernde Bedingungen. Der Kreisfeuerwehrverband Kulmbach hatte die Berufsfeuerwehrfrau  Birgit Süssner sowie den Chef der Staatsforsten in Nordhalben, Daniel Kraus, eingeladen. Ein immer wichtiger werdendes Thema stand dabei im Mittelpunkt: Wald- und Flächenbrände brechen immer häufiger aus und fordern die Rettungskräfte. Die müssen sich einstellen auf eine Lage, die sich deutlich verändert und spezielles Wissen, aber auch Ausrüstung erfordert.

Birgit Süssner ist hauptamtlich bei der Feuerwehr Erlangen tätig. In der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) ist sie Lehrbeauftragte und bildet hauptamtliche Kräfte aus, wenn es um das Thema Vegetationsbrände geht. Davon versteht sie besonders viel. Einmal aufgrund ihres aktuellen Berufs und dann hat sie auch noch Forstwirtschaft studiert. „Ich kenne die Waldseite, und ich kenne die Feuerwehrseite“, sagt sie. Von so viel Wissen und Erfahrung wollen auch die ehrenamtlichen Wehren profitieren. Birgit Süssner ist viel gefragt in den vergangenen Jahren.

 

Bäume halten der Dürre nicht stand

Viel öfter brennt es in der Natur.  Da sei keine Region in Deutschland ausgenommen, weiß Süssner. „Der Klimawandel spielt  eine große Rolle.“ Sie erklärt das Problem: Vielen Baumarten sei es viel zu warm. Die Niederschlagssumme habe sich zwar nicht verändert, aber die Verteilung habe sich geändert. „Wir haben Monate mit Dürren. Auch da machen unsere Bäume nicht mehr mit.“  Auf die Forstwirtschaft komme mit dem Waldumbau eine Riesenaufgabe zu.  Umgekehrt brauchten auch die Feuerwehrler die Forstfachleute. „Wir sind, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, zur Brandbekämpfung da. Aber wenn die Waldbesitzer ihre Hausaufgaben nicht machen, werden wir dem Feuer immer hinterherrennen.“ Was das heißt, sagt Süssner mit klaren Worten. Die Wälder müssten besser erschlossen werden. „Wir müssen gut in den Wald hineinkommen. Aber wir brauchen auch möglichst einen Ringverkehr, um uns selbst retten zu können, wenn es ganz kritisch wird.“  Reine Fichtenwälder müssten durchmischt werden mit anderen Bauarten. Denn Fichten seien besonders von der Trockenheit betroffen. Buchen, Hainbuchen oder auch Esskastanien seien da geeignet. „Diese Baumart wird bei uns in den kommenden 100 Jahren Fuß fassen“, ist Süssner überzeugt. Die Zahl allein zeigt schon: Bis der Wald sich auf das geänderte Klima eingestellt hat, vergeht viel Zeit. So viel Zeit hat die Feuerwehr nicht. Sie muss sofort und ständig gerüstet sein.

 

Ausrüstung muss angepasst werden

„Wir sind in der Innenbrandbekämpfung in den vergangenen Jahren absolute Profis geworden“, weiß Feuerwehrfrau Süssner. Flammen in Häusern und Wohnungen zu bekämpfen, da stünden die Feuerwehren bestens da.  Bei den Flächenbränden draußen seien die Bedingungen anders. „Das ist eine Dynamik, die wir nicht im Griff haben. Damit umzugehen müssen wir lernen. Wir müssen uns aber auch anders ausstatten.“  Leichte Kleidung gehört dazu, betont Süssner. „Wir können nicht mit unseren dicken  Branddienstjacke da rangehen, und im Wald sind auch statt der dicken Rohre eher B-Schläuche gefragt, sonst rennen wir dem Feuer hinterher. Wir müssen schnell und dynamisch unterwegs sein.“ Dazu gehörten auch Löschrucksäcke und Handwerkzeuge. Die machten die Feuerwehrler flexibler. Aber das müsse erst gelernt werden. Und finanziert. Süssner ist klar, dass in Zeiten wie diesen Kommunen nicht das große Geld haben. „Aber jeder kann klein anfangen.“ Was Fahrzeuge angeht, sollten sich Feuerwehren sowie Land- und Forstwirtschaft gegenseitig unterstützen. „Wir müssen Hand in Hand arbeiten und wir müssen über unsere Grenzen gehen. Das Feuer hält nicht an kommunalen und auch nicht an Landesgrenzen.“ Waldbrände, vor allem wenn es große sind, erfordern viele Ressourcen. „Das kann eine örtliche Region allein gar nicht stemmen.“

 

Dem Feuer Grenzen setzen

Für Forstbetriebsleiter Daniel Kraus  ist das Anliegen, dass Waldbesitzer bei dem Thema Brandbekämpfung stärker mit einbezogen werden müssen.  „Löschziele müssen klarer sein.“ Es dürfe nicht mehr nur darum gehen, Feuer auszumachen. Viel wichtiger sei es, die Ausbreitung eines Feuers einzudämmen. „Wer nur Feuer löschen will, ist immer hintendran. Es geht in Zukunft wohl mehr darum, dem Feuer Grenzen zu setzen. Das heißt möglicherweise auch, auf eine Fläche zu verzichten, die noch brennt. Man muss Flächen finden, die man gut verteidigen kann und darf sich nicht verlieren, indem man versucht, jeden einzelnen Baum zu löschen. Wenn ein Baum erst einmal brennt, ist er sowieso verloren, da brauche ich den nicht mehr retten.“  Die Waldwege der Staatsforste im Frankenwald seien in ganz Europa mit am besten erschlossen, sagt Kraus.  „Das ist leider im Privatwald nicht so, gibt er den Feuerwehrleuten recht, die Verbesserungen fordern.  Wege müssten immer so befahrbar sein, dass die Feuerwehr an den Brandort kommt.

 

Leichtere Schutzkleidung wäre nötig

Den Praktikern in den Wehren ist ein weiterer Aspekt wichtig. Wenn Feuerwehrleute stundenlang bei sengender Sommerhitze gegen einen Waldbrand kämpfen,  ist die gängige Ausrüstung mit ihren rund 20 Kilo Gewicht alles andere als optimal, weiß Kreisbrandinspektor Yves Wächter. „Unsere Ausrüstung ist ausgelegt, in   ein brennendes Gebäude gehen können.“ Die wesentlich leichtere Schutzkleidung, die man für langen Einsatz im Gelände entwickelt hat, wiegt samt Wasserflasche gut sechs Kilo. „Das ist eine deutliche Erleichterung für die Leute.“

 

„Die Feuerwehren müssen up to date sein“

Für den Chef des Kreisfeuerwehrverbands ist es keine Frage: Das Klima verändert sich und damit steigt auch die Gefahr, dass Flächenbrände ausbrechen.

„Vegetationsbrände sind für unsere Feuerwehren ein ganz besonders wichtiges Thema“, sagt der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbands in Kulmbach, Stefan Härtlein.  Er macht sich und auch seinen Kameraden nichts vor: „Das betrifft uns immer mehr. Es wird schlimmer mit den Flächen-  und Waldbränden, weil sich das ganze Klima verschiebt.“ Härtlein verweist auf die steigende Zahl von solchen Bränden. Für ihn ist klar: Für die Feuerwehren geht es darum, sich einzustellen auf die neuen, sich verändernden Gegebenheiten. Sich auf dem neuesten Stand des Wissens und hoffentlich auch der Technik zu sein, das ist für Härtlein „kriegsentscheidend“.

Man könne sich nicht oft genug über dieses wachsende Problem austauschen und sich informieren, ist Härtlein überzeugt.  Landkreisübergreifend nehmen Feuerwehrleute schon seit einiger Zeit immer wieder an Info-Veranstaltungen  teil. Man könne die Bedeutung solcher Fachtagungen gar nicht hoch genug einschätzen. Das sehe man auch an der Bestückung der kleinen Fachmesse, die im Foyer der Frankenwaldhalle in Grafengehaig aufgebaut war. Geräte für die Bodenbearbeitung, die richtige, leichte Schutzkleidung, spezielle Schläuche, die man bei Flächenbränden einsetzen kann: Das Spektrum sei groß und verändere sich ständig. „Da muss man sich immer wieder updaten und auf einen aktuellen Stand bringen. Nur dann können wir, wenn zum Beispiel eine größere Waldfläche in Flammen steht, effektiv anpacken.“

Härtlein erinnert an den gewaltigen Waldbrand bei Römersreuth im Juli 2019. 15 Hektar Wald in teils schwer zugänglichem Gelände haben damals lichterloh gebrannt. Die ganz große Katastrophe ist dem Stadtsteinacher Oberland damals nur erspart geblieben, weil der Wind in letzter Sekunde gedreht hat.  Brände wie der könnten jederzeit wieder entstehen, mahnt Härtlein. Er ist überzeugt, dass der Klimawandel da eine entscheidende Rolle spielt. „Wir müssen uns auf größere Trockenheit einstellen, wir haben Löschwasserprobleme. Das zieht sich durch wie ein roter Faden.“

Die Großveranstaltung, die das Orga-Team um Kreisbrandinspektor Yves Wächter in Grafengehaig ausgerichtet hatte, war nicht die erste ihrer Art. Erst vor einigen Wochen ging es bei einem Treffen mit den Landwirten in Maierhof darum, wie man die ohnehin enge Zusammenarbeit zwischen Feuerwehren und Bauern bei Flächenbränden noch verbessern kann. Wenn es im Wald oder auf Feldern brennt, sind immer auch  zahlreiche Landwirte freiwillig mit dabei. Sie fahren Wasser in ihren Güllefässern und grubbern Flächen, damit sich Flammen nicht weiter ausbreiten können. Jeder macht sein Ding? Das ist für  Härtlein nicht der richtige Lösungsansatz. Feuerwehrleute, Landwirte, Waldbesitzer und natürlich die Forstexperten müssen in Zukunft noch viel enger zusammenarbeiten, um sich zu wappnen für die Gefahren, die schon seit einigen Jahren immer weiter wachsen. 

 

Musikalisch umrahmt wurde der Abend vom Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Maierhof.

 

Text: M. Burger

Fotos: Feuerwehr / M. Burger